Die skandinavische Fluglinie SAS steckt seit längerem in finanziellen Schwierigkeiten. Zuletzt hatte die Airline ein Insolvenzverfahren nach US-amerikanischen Recht, sog. Chapter 11 Verfahren, beantragt. Nun gibt im Oktober 2023 die Air France KLM Gruppe die beabsichtigte Übernahme von SAS bekannt. Wir haben die Details für Euch zusammengestellt und was dies für die Mitgliedschaft von SAS in der Star Alliance und einen Wechsel zu SkyTeam bedeutet.
SAS – Scandinavian Airlines
Bevor wird auf die im Oktober 2023 bekannt gegebene Übernahme von SAS durch die Air France KLM Group eingehen einige Details zu SAS.
Die SAS Scandinavian Airlines oder früher Scandinavian Airlines System – kurz SAS – hat Ihren Sitz in Stockholm. Nach dem zweiten Weltkrieg schlossen sich 1946 die dänische Det Danske Luftfartselskab (DDL), die schwedische Svensk Interkontinental Lufttrafik und die norwegische Det Norske Luftfartselskap zusammen. Unter dem Namen Scandinavian Airlines System wollte man gemeinsam den großen europäischen und nordamerikanischen Fluggesellschaften begegnen. SAS war lange einer der führenden Fluggesellschaften in Europa und profitierte dabei wie der Mitbewerber Finnair von der nördlichen Lage. Die nordischen Länder Dänemark, Norwegen und Schweden waren lange an der Airline beteiligt, wobei Dänemark den größten Anteil hatte.
Die Airline hat mit den Flughäfen Kopenhagen, Oslo und Stockholm drei Drehkreuze. Sie ist Gründungsmitglied der Star Alliance. In den frühen 1990er Jahren gab es Überlegungen eines Zusammenschlusses der Fluggesellschaften Austrian Airlines, KLM und SAS und dem Arbeitstitel „Alcazar“.
Im Juni 2001 wurde die Eigentümerstruktur von SAS in eine Holding geändert. An dieser war Schweden mit 21,4 %) sowie Norwegen und Dänemark mit je (14,3 % beteiligt. Wechselten. Die restlichen Anteile wurden als Aktien ausgegeben und die Airline an die Börse gebracht.
Übernahmegespräche führten zu finanzieller Unsicherheit
Da SAS Gründungsmitglied der Star Alliance war, ist die Airline seit mehr als 25 Jahren auch eng mit der Lufthansa verbunden. In dieser Zeit wurde Lufthansa als potenzieller SAS-Investor gehandelt, wobei sich die Aktienkurse bei jeder Andeutung möglicher Bindungsgespräche veränderten. Beide Airlines waren zudem an der der britischen Fluggesellschaft BMI beteiligt. SAS verkaufte Ihre Anteile an die Lufthansa, die ihrerseits BMI dann an die IAG verkaufte. Entsprechende Gespräche über eine strategische Beteiligung der Lufthansa an SAS sind aber immer wieder gescheitert. Die finanzielle Unsicherheit für SAS wurde hierdurch noch bestärkt.
Skyteam und allen voran die Air France KLM Group war vor Oktober 2023 in Nordeuropa eher schwach vertreten, da SAS zur Star Alliance und Finnair bei der Oneworld Allianz war.
Übernahme von SAS durch Air France – KLM im Oktober 2023
Die Konsolidierung innerhalb Europas nach der Pandemie konzentrierte sich weitgehend auf die Möglichkeiten für die drei großen Airline Allianzen, ihre Präsenz vor allem in Südeuropa zu stärken. So versucht die IAG nach wie vor Air Europa zu übernehmen. Die Lufthansa hatte sich unlängst an ITA Airways beteiligt. Beide Übernahmen bedürften noch der Zustimmung durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden. In Portugal steht aktuell die TAP Air Portugal als potenzieller Kandidatfür eine Übernahme bereit. Weniger präsent war den meisten im Zuge der Konsolidierung in der Luftfahrt der Norden Europas.
Die Nachricht zu Beginn des Oktober 2023 Woche, dass Air France – KLM einen Anteil von 19,9 % an der angeschlagenen skandinavischen Fluggesellschaft SAS übernehmen wird kam insoweit überraschend. Hierbei hat Air France – KLM mit den Finanzunternehmen Castelake und Lind Invest ein Konsoritum gebildet. Überraschend ist, dass Castlelake mit einem Anteil von 32 % der größte Anteilseigner an SAS sein wird. Die dänische Regierung, die als einziges der ursprünglich drei skandinavischen Staaten noch an SAS beteiligt ist, wird zukünftig 25,8 % halten. Die Air France KLM Gruppe wird mit einem Anteil 19,9 % nur drittgrößer Einzelinvestor. Die Lind Invest schließlich mit 8,6 % den kleinsten Anteil haten. Die restlichen 13,6 % sind auf verschiedenen Gläubiger verteilt.
Air France – KLM hab anlässlich der Übernahme im Oktober 2023 bekannt rund 109 Millionen US-Dollar in SAS in Stammaktien zu investieren. Weitere 35 Millionen US-Dollar sollen in Form von besicherten Wandelanleihen eingebracht werden. .
“With its well-established position in Scandinavia and strong brand, SAS offers tremendous potential to Air France-KLM,”
Air France-KLM Group chief Ben Smith
Die Air France KLM Group wird, wie sie bei der entsprechende Analystenkonferenz anlässlich der Übernahme im Oktober 2023 bekannt gab, eine aktive Rolle bei der Konsolidierung der europäischen Luftfahrt spiele. Neben einer kommerziellen Zusammenarbeit mit SAS an die auch den Zugang zum Streckennetz der SkyTeam-Allianze beinhaltet, soll sich auch die Beteiligung weiterentwickeln. So halten die Verträge wohl entsprechende Vereinbarungen, nach denen der Anteil der Air France -KLM Gruppe an SAS nach Oktober 2023 erhöht werden kann, so dass sie nach mindestens zwei Jahren Mehrheitsaktionär werden könnte, was dann auch die tatsächliche Übernahme bedeuten würde. Es ist insoweit davon asuszugehen, dass der dänische Staat seinen Anteil an SAS an Air France – KLM abtreten wird.
SAS verlässt Star Alliance und wechselt zu SkyTeam
Im Rahmen der Pläne, die im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses noch genehmigt werden müssen, wird SAS Star Alliance verlassen und sich seinem neuen Partner SkyTeam anschließen. Damit verliert die Star Alliance nicht nur ein Gründungsmitglied. Die Allianz wird in Nordeuropa auch nachhaltig geschwächt. Denn die finnische Airline Finnair ist Mitglied der Oneworld Allianz.
Unklar ist indes aktuell noch, wie die zukünftige Rolle von SAS in der SkyTeam Allianz aussehen wird. Konkret, ob sich SAS auf den Zubringerverkehr zu den Air France – KLM Hub in Amsterdam und Paris konzentriert. Oder ob in einem der skandinavischen Länder ein Hub beibehalten wird. Unwahrscheinlich dürfte es sein, dass alle drei Hub bestehen bleiben. So wird der Wechsel von SAS von der Star Alliance zur SkyTeam möglicherweise auch für den ein oder anderen Passagier von SAS zu einem anderen Umstieg führen.
Unklar ist aktuell auch noch, was der Wechsel für die Mitglieder im EuroBonus Vielfliegerprogramm bedeutet.
Genehmigung der Wettbewerbsbehörden
Wie jede Übernahme ist auch diese von SAS durch die Air France KLM Group jetzt im Oktober 2023 noch alles andere als sicher. Die Wettbewerbsbehörden müssen diese prüfen. Und es wird auf einigen Monopolstrecken möglicherweise bedeuten, dass Landerechte abgegeben werden müssen.
Hier zeigt sich an den Herausforderungen, auf die IAG anlässlich der Übernahme von Air Europa gestoßen ist, dass dies alles andere als einfach ist. Auch die Genehmigung der Übernahme von ITA durch die Lufthansa ist noch nicht vollzogen. Daher können und sollten Fusionen nicht als selbstverständlich angesehen werden. Und bis dahin wird zunächst einmal alles beim alten bleiben.
Für die Star Alliance und allen voran die Lufthansa bedeutet dies sich mit dem potentiellen Wechsel von SAS zu SkyTeam vertraut zu machen und in Nordeuropa neu zu positionieren. Für Eurobonus Mitglieder bleibt zunächst alles beim Alten. Es können weiter Meilen bzw. Punkte mit den Star Alliance Airlines gesammelt werden.
Fazit
Der Fokus der Übernahmen in der Luftfahrtbranche lag nicht auf Nordeuropa. Insoweit überraschte die Ankündigung der Air France KLM Group im Oktober sich an SAS beteiligen zu wollen. Für SAS bedeutet dies eine grundlegen Richtungsänderung. Die Star Alliance wird SAS zugunsten von SkyTeam verlassen. Und zukünftig dürfte sich SAS mehr auf die Kurz- und Mittelstrecke konzentrieren. Weniger wird die Langstrecke im Fokus stehen.
Für die Star Alliance ist dies ein herber Rückschlag im nicht unlukrativen nordeuropäischen Markt. Dort war die Allianz bislang stark vertreten. Dies wird sich spätestens mit der Genehmigung der Übernahme von SAS durch ein Konsortium um Air France – KLM ändern.
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