Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Beherbergungsverbot

Der Bundesrat hat am 06.11.2020 das dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beraten. Diese beinhaltet die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Beherbergungsverbot. Wir sagen Euch, was der Bundestag am 06.11.2020 zum Beherbergungsverbot im Rahmen der Bekämpfung des Coronavirus entschieden hat.

Beherbergungsverbot im Oktober 2020

Das Beherbergungsverbot im Oktober 2020 war heftig umstritten. Die im Oktober ausgesprochenen Verbote einzelner Bundesländer sind fast ausnahmslos durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gekippt werden. Auch wenn die Begründungen in Nuancen unterschiedlich war, dass im Oktober 2020 von zahlreichen Landesverwaltungen ausgesprochen Beherbergungsverbot war rechtswidrig. Aber auch jetzt ist das Beherbergungsverbot noch immer umstritten. Schauen wir aber einmal auf die Entscheidungen einiger Gerichte im Okotber 2020 zum Beherbergungsverbot.

Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht

Das OVG Schleswig-Holstein hat hierzu in seiner Entscheidung vom 23.10.2020 (Schleswig Holsteinisches OVG, Beschluss vom 23.10.2020, 3 MR 47/20) ausgeführt:

In dem darin enthaltenen Verbot, Personen die sich innerhalb der letzten 14 Tage in sogenannten inländischen Hochinzidenzgebieten aufgehalten haben, zu touristischen Zwecken in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben zu beherbergen, sofern die Person nicht bei Ankunft dem Beherbergungsbetrieb gegenüber schriftlich bestätigt, dass sie über ein negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus verfügt und das Testergebnis nicht mehr als 48 Stunden vor Ankunft festgestellt worden ist, liegt bei gleichzeitiger unbeschränkter Einreise von Personen, die zu nicht-touristischen Zwecken nach Schleswig-Holstein kommen, eine Ungleichbehandlung vor, die verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden kann. Zu dieser Gruppe der nicht aus touristischen Gründen einreisenden Personen gehören nach der Begründung zu Artikel 2 insbesondere auch privat veranlasste Reisen, insbesondere Besuche der Familie, eines Lebenspartners oder Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie Aufenthalte zur Wahrnehmung eines Sorge- und Umgangsrechts oder zum Beistand oder zur Pflege schutzbedürftiger Personen.

Dies stellt einen Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG dar, nachdem alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind. Hieraus folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln sind. Dies gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Das OVG weist allerdings auch darauf hin, dass Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung untersagt. Diese Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe. Diese müssen sowohl mit Blick auf den Zweck und das Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sein. Dies aber ist hier nach Ansicht der Richter genau nicht der Fall.

Justizia am Dublin Castle
Justizia am Dublin Castle

Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichtes Sachsen-Anhalt

Das OVG Sachsen-Anhalt hatte am 27.10.2020 das durch die Landesregierung ausgesprochen Beherbergungsverbot gleichfalls aufgehoben (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. Oktober 2020 – 3 R 205/20 / Pressemeldung als PDF). Das Gericht hatte hierbei allerdings das Beherbergungsverbot im Oktober 2020 nicht per se als rechtswidriges Mittel angesehen:

… um das legitime Ziel der Vermeidung von neuen Infektionsketten und damit verbunden der Eindämmung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 zum Schutz von Leben und Gesundheit zu erreichen. Das touristische Beherbergungsverbot in seiner konkreten Ausgestaltung dürfte angesichts des Fehlens eines milderen Mittels auch erforderlich sein, um das verfolgte Ziel zu erreichen

Die Hotelkette Dorint hatte am 03.11.2020 angekündigt, gegen den Lockdown vor Gericht zu ziehen. Dies hatte der Dorint Aufsichtsratschef Dirk Iserlohe u.a. gegenüber der AHGZ erklärt.

Das OVG Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 04.11.2020 einen entsprechenden Antrag aber nun abgelehnt (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. November 2020 – 3 R 218/20 / Pressemeldung als PDF).

Das überrascht nicht wirklich. Die Entscheidung von Oktober war noch im Zeichen einzelner unkoordinierter Maßnahmen getroffen worden. Die Entscheidung nun im November berücksichtigt den Lockdown Light. Und hier greift die Abwägung der Interessen. Dem Schutz der Allgemeinheit aller Bundesbürger gegenüber der Berufsausübungsfreiheit einzelner. Was bedeutet dies nun konkret?

Zum einen bedeutet die Niederlage im Eiltverfahren nicht gleich auch eine Niederlage im Hauptsacheverfahren. Hier spielt auch die die Entschädigung, die die Bundesregierung im Falle von Betriebsschließungen zahlen will, eine Rolle. Anders formuliert, ohne Entschädigung wäre die Entscheidung u.U. anders ausgegangen. Damit ist aber die Eilbedürftigkeit und der drohende finanzielle Verlust nicht mehr akut.

Zum anderen sei hier das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zu berücksichtigen.

Berlin Kanzleramt
Berlin Kanzleramt
(Maii 2004)

Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite

Mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (Drucksache 19/23944) soll nun eine gesetzliche Grundlage für das Beherbergungsverbot geschaffen werden. Dieses Gesetz ist durch die Bundesregierung bzw. die Fraktionen der CDU / CSU und SPD in den Budestag eingebracht worden. Dazu wird das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) entsprechend geändert. Das Gesetz wurde am 06.11.2020 im Bundestag im Rahmen von Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus behandelt und soll auch ein Beherbergungsverbot umfassen. Hierzu wird ein neuer § 28a IfSG eingeführt. Dieser lautet auzugsweise:

Notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 können im Rahmen der Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag neben den in § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten insbesondere auch sein

(…)

8.Untersagung oder Beschränkung von Übernachtungsangeboten,

(…)

Die Anordnung der Schutzmaßnahmen muss ihrerseits verhältnismäßig sein

Die Begründung des Gesetzesentwurfs zum Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht allerdings keine Definition der Verhältnismäßigkeit vor. Auch die Begründung zur Vorschrift gibt hier keine konkreten Anhaltspunkte. Jedenfalls ist Absatz 2 unseres Erachtens kaum hierzu geeignet. Denn dieser sieht und regelt lediglich die Schwellenwerte.

Berlin Reichstag / Parliament
Berlin Reichstag / Parliament
(Januar 2016)

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Beherbergungsverbot

Bis zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Beherbergungsverbot wird noch etwas Zeit vergehen. Zunächst einmal wurde der Gesetzesentwurf mit Vorschlägen anderer Fraktionen zum u.a. Beherbergungsverbot am 06.11.2020 durch den Bundestag an den insoweit für Maßnahmen in Bezug auf das Coronavirus zuständigen Gesundheitsausschuss verwiesen.

Indes dürfte das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Gerichte weiter beschäftigen. Jedenfalls dann, wenn es unverändert bleibt.

§ 65 IfSG sieht vor, dass Nicht-Störer Entschädigungen enthalten, wenn diese durch entsprechende Allgemeinverfügungen betroffen und finanzielle geschädigt sind. Dies dürften nicht nur Sachschäden sein, sondern sich auch auf Umsatzausfälle beziehen.

Allerdings greift dieser nur im Falle von §§ 16 f. IfSG. §28a IfSG ist hiervon insbesondere nicht erfasst. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite den Ländern die gesetzliche Grundlage bietet. Die betroffenen Einrichtungen – hierzu zählen nicht nur Hotels, sondern auch Restaurants, Fitnessstudios etc. – dies entschädigungslos hinnehmen müssen.

Dies dürfte weder verhältnismäßig noch verfassungskonform sein. Und so sieht es offenbar auch der Aufsichtsratschef der Dorint AG in einer Stellungnahme gegenüber der AHGZ.

Entschädigung als Kriterium der Verhältnismäßigkeit bei der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Beherbergungsverbot

Die Gerichte dürften die Frage durchaus berücksichtigen. So hatte das OVG Sachsen-Anhalt die Frage der Entschädigung in der 25 seitigen Begründung thematisiert. Im laufenden Verfahren betreffend das Beherbergungsverbot in Zeiten des Lockdown Light dürfte die Entschädigung möglicherweise für eine Verhältnismäßigkeit sprechen. Der Wegfall indes wird zu einer neuerlichen und möglicherweise abweichenden Bewertung durch die Gerichte führen.

Rechtssicherheit sieht anders aus.

Allerdings ist die Verpflichtung einer Entschädigungszahlung eine finanzielle Belastung für die öffentliche Hand.

Mundschutz, Desinfektionsmittel und Kamera - Reisen zu Zeiten des Coronavirus im Februar 2020
Mundschutz, Desinfektionsmittel und Kamera – Reisen zu Zeiten des Coronavirus im Februar 2020

Fazit

Wir hoffen, dass der Gesundheitsausschuss im Rahmen der jetzt erfolgenden Beratung dies noch einmal revidiert. Die Entscheidung des Bundestages am 06.11.2020 das Gesetz in den für Regelungen zum Coronavirus zuständigen Gesundheitsausschuss zu verweisen lässt in Bezug auf das Beherbergungsverbot hofffen. hoffen, dass hier Klarheit geschaffen wird. Und auch, dass die Tendenzen der rechtsprechung berücksichtigt wetden.

Andernfalls steht zur befürchten, dass die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Beherbergungsverbot eher zu einer Unklarheit führt. Es kann nicht sein, dass die Länder zwar eine gesetzliche Grundlage erhalten. Diese aber zu Lasten einzelner Gruppen geht. Und diese keine Chance haben, hierauf zu reagieren. Das dürfte unseres Erachtens nicht unbedingt Bestand von Gericht haben. Und daher ist die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Beherbergungsverbot durch die Bundesregierung zwar zu begrüßen. Aber vermutlich nicht verfassungskonform?

 

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Jan reist seit 20 Jahren und hat es gelernt, diese Reise so angenehm wie möglich zu gestalten. Die häufigen Fragen von Kollegen, Freunden und Bekannten führten zu den Gründungen von Reisenunlimited und Hotels-and-Travel.

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